Zwei geöffnete, leere Hände von einem alten Menschen.
Maureen Stum

Mindestens 20 % der Deutschen ab 2035 in Altersarmut

Altersarmut wird mehr und mehr zur Volkskrankheit in Deutschland. Die Armutsgefährdungsquote bei Menschen über 65 Jahren ist von 2005 bis zum Jahr 2021 von 11,0 auf 17,6 Prozent gestiegen (Quelle). Bis 2035 werden voraussichtlich 20 Prozent der deutschen Bürger von Altersarmut gefährdet sein. Wie diese Entwicklung zustande kommt, was die Ursachen von Altersarmut sind und wie wir in Zukunft damit umgehen können, lesen Sie hier.  

Wie entsteht Altersarmut?

Eine Methode, um Altersarmut zu ermitteln, ist das Zurückgreifen auf Daten zur Einkommensverteilung. Dabei werden die Haushaltseinkommen der älteren Bevölkerung in bedarfsgewichtete Pro-Kopf-Einkommen umgerechnet und anschließend mit dem durchschnittlichen bedarfsgewichteten Pro-Kopf-Einkommen der Gesamtbevölkerung verglichen. Menschen, die über weniger als 60 Prozent des Mittelwerts (Median) verfügen, gelten als arm beziehungsweise armutsgefährdet. (Quelle)

Die Ursachen von Armut sind vielfältig. Die Zukunft unserer Rente scheint zurzeit davon abzuhängen, ob das sogenannte Umlageverfahren auch in Zukunft noch funktionieren wird. „Das bedeutet, dass nicht in einen Topf gespart wird, wie wir es zum Beispiel von Fonds oder ETFs kennen. Der Arbeitgeber führt einen Teil des Lohns seiner Mitarbeiter ab, der dann in die sozialen Sicherungssysteme fließt. Damit erwirbt der Mitarbeiter keinen unmittelbaren Geldanspruch, sondern sammelt Punkte. Das abgeführte Geld geht eins zu eins an die Versorgten von heute“, erklärt Stephan Seidenfad, bAV-Experte und Geschäftsführer der von Buddenbrock Unternehmensgruppe.

Ein Umlageverfahren in Schieflage

Diese Methode zur Finanzierung von Sozialversicherungen ist bis zu dem Punkt spannend gewesen, an dem die Anzahl der Kinder und damit zukünftigen Beschäftigten im Verhältnis zu der Anzahl der vorhandenen Rentner stand. „Das ist aber schon seit gut 30 Jahren nicht mehr der Fall.“ Lange Ausbildungszeiten, eine sinkende Geburtenrate und ein längerer Rentenbezug führen dazu, dass das Umlageverfahren aus dem Gleichgewicht gerät. „Im Jahr 2035 haben wir das Problem auf den Peak getrieben.“

Zu diesem Zeitpunkt wird der letzte Babyboomer in Rente gehen. „20 Prozent aller in Deutschland beschäftigten Menschen sind dann ersatzlos vom Arbeitsmarkt verschwunden. Die Generation, die nach den Babyboomern kommt, kann diese Lücke nicht schließen. Und dann fehlt plötzlich jeder fünfte Arbeitnehmer in Deutschland. Das ist ein großes Problem, das bis heute politisch nicht richtig gelöst wurde“, so der Experte.

Altersarmut in Zahlen: So steht es um unsere Rente

Mit der Agenda 2030 hat sich die internationale Staatengemeinschaft ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Armut in allen ihren Formen und überall beenden. Bisher haben die Verantwortlichen das Rentenniveau gesenkt, eine Steuerpflicht auf Renten festgelegt und das Renteneintrittsalter angehoben. Zudem liegt zur Stabilisierung des Systems ein Vorschlag vor, das Renteneintrittsalter an die steigende Lebenserwartung der Menschen zu koppeln „Früher gab es keine Sozialabgaben auf die Rente. Jetzt muss man zumindest Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge zahlen. Dieser Trend wird sich fortsetzen. Der Anteil der zu versteuernden Rente wird ansteigen. 2040 werden wir den Punkt erreichen, an dem wir 100 Prozent der gesetzlichen Rente versteuern müssen.“

Konkret bleibt nach Abzug der Steuern für einen Rentenbezieher im Jahr 2023 durchschnittlich 1.152 Euro übrig. Männer liegen mit knapp 1.300 Euro über dem Durchschnitt. Frauen erhalten zwischen 1.050 und 1.100 Euro. „Wenn man sein heutiges Nettoeinkommen halbiert und in Relation zu seinen Fixkosten setzt, kann man kalkulieren, ob die Rente ausreichen wird. Für das Gros der Menschen wird das nicht ausreichend sein. Erschwerend hinzukommt, dass wir aus einer Niedrigzinsphase kommen und in eine höhere Zinsphase gehen. Durch die Inflation sind dazu die Lebenserhaltungskosten, die Mietpreise und die Energiekosten gestiegen. Der steigende Kosten-Apparat und der potenziell sinkenden Einnahme-Apparat stehen in keinem ausgewogenen Verhältnis.“

Maßnahmen gegen Altersarmut

Das effektivste Mittel, um Altersarmut zu vermeiden, ist die eigenverantwortliche Vorsorge. „Wir sollten uns frei machen von dem Gedanken, dass der Staat alles abpuffert. Das tut er weder bei langen Krankheiten noch bei Berufsunfähigkeit oder der Altersrente.“ ETFs oder Fonds dienen dazu, langfristig Vermögen aufzubauen und Performance zu erzielen. Aber auch das gute alte Sparbuch ist besser, als ganz auf das Sparen für den Renteneintritt zu verzichten. „Die Geldanlage muss nach der individuellen Persönlichkeit ausgestaltet werden. Hauptsache, man zieht Geld aus dem Konsum und legt es zur Seite.“

Eine weitere Maßnahme, um wirksam gegen Altersarmut vorzugehen, ist die Betriebsrente. „Mit der Zusatzrente können Arbeitnehmer aus ihrem Brutto Geld sparen und dabei auf Steuern und Sozialabgaben verzichten. Außerdem ist der Arbeitgeber per Gesetz dazu verpflichtet, diese Vorsorge-Maßnahme zu fördern. Das ist ein entscheidender Faktor, der zukünftig bei der Mitarbeiterbindung eine immer größere Rolle spielen wird.“ Auch der Arbeitgeber kann soziale Verantwortung übernehmen, indem er seine Mitarbeiter über die Probleme der gesetzlichen Rente aufklärt und ihnen einen Lösungsweg bereitstellt.

„Die bAV ist mit dem richtigen Produkt einer der effizientesten Wege, Geld fürs Alter anzusparen. Das eigenverantwortliche Sparen und das Sparen über die Betriebsrente können wir aktiv beeinflussen.  Ansonsten bleibt uns nur noch die Hoffnung, dass sich der Gesetzgeber im Kampf gegen die Altersarmut etwas einfallen lässt.“

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Stephan Seidenfad

Geschäftsführer und Gründer Experte für die Themengebiete: bAV, Recht & Steuern, kAV, Digitale Lösungen und Absicherung

Stephan Seidenfad | von Buddenbrock

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