Maureen Stum

Betriebliche Altersvorsorge mit ChatGPT?

Wer sind die berühmtesten Komponisten weltweit? In welchen Ländern ist es zwischen November und August über 20 Grad warm? Im 21. Jahrhundert können wir diese einfachen Fragen einem Chatbot stellen und nahezu verlässliche Antworten bekommen. Aber wie sieht es mit komplexeren Fragen aus? Im Rahmen unseres Tests wollten wir von ChatGPT wissen, was Arbeitgeber in der betrieblichen Altersvorsorge beherzigen müssen. Was dabei herauskam? Lesen Sie selbst.

ChatGPT: „Arbeitgeber müssen über die betriebliche Altersvorsorge informieren.“

Laut ChatGPT besteht eine Informationspflicht in der bAV. Demnach müssen Arbeitgeber ihre Beschäftigten darüber informieren, dass es eine betriebliche Altersvorsorge gibt. „Wenn nicht zufällig aus einem Tarifvertrag oder einer Versorgungs- oder Ruhegeldordnung dieser Gedanke einhergeht, dann stimmt diese Aussage von ChatGPT nicht. Arbeitgeber müssen nicht informieren, sie können informieren und es macht auch Sinn, aber in diesem Fall liegt die KI falsch“, weiß Stephan Seidenfad, bAV-Experte und Geschäftsführer der von Buddenbrock Unternehmensgruppe.

ChatGPt: „Die Beschäftigten haben ein Wahlrecht in der bAV.“

Nach ChatGPt gibt es ein Wahlrecht für die Beschäftigten. Wenn dem so wäre, hätte ein Beschäftigter ein Anrecht auf die Auswahl des Produktes oder der Lösung in der Betriebsrente. „Dieses Wahlrecht gibt es nicht. Wenn es zum Beispiel um die Entgeltumwandlung geht, können sich Arbeitgeber gegen die Teilnahme entscheiden. Die Wahl des Produktanbieters oder des Durchführungsweges liegt allerdings nicht in den Händen der Arbeitnehmer.“

ChatGPT: „Es besteht ein Insolvenzschutz in der bAV.“

ChatGPT sagt: Wenn Arbeitgeber eine Betriebsrente ins Unternehmen bringen, dann sollte diese insolvenzgeschützt sein. „Hier müssen wir differenzieren. Der Insolvenzschutz für die Beschäftigten besteht in zweierlei Hinsicht: durch den Versicherer und durch die Einstandspflicht des Arbeitgebers nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG). Nach BetrAVG müssen Arbeitgeber einstehen, wenn der Versicherer ausfallen sollte. Je nach Durchführungsweg, zum Beispiel bei der Unterstützungskasse, dem Pensionsfonds oder der Pensionszusage, gibt es zudem den sogenannten Pensions-Sicherungs-Verein. Das ist ein zwingender Insolvenzschutz, den sich Arbeitgeber nicht aussuchen können.“

Was könnte das Sprachmodell meinen, wenn es auf den Insolvenzschutz in der betrieblichen Altersvorsorge verweist? „Wenn wir über zum Beispiel herrschende Geschäftsführer oder Vorstände sprechen, dann fallen diese nicht klassisch in den PSV. Diese Gruppen müssen sich freiwillig zusätzlich absichern, um im Fall der Insolvenz ihres Unternehmens geschützt zu sein. In der Regel passiert das über eine Verpfändungsregelung oder über die CTA-Regelung.“

ChatGPT: „Es gibt Dokumentationspflicht in der bAV.“

Die Dokumentationspflicht besagt, dass Berater die Beratung rund um die Betriebsrente dokumentieren müssen. „Professionelle Marktteilnehmer machen das. Wir dokumentieren das Beratungsgespräch mit den Arbeitgebern und den Beschäftigten, um den Auftrag, den Leistungsumfang und unsere Dienstleistung aufzuzeigen. Zudem weisen wir die Beschäftigten darauf hin, worauf sie in der bAV achten sollten, um etwaige Stolperfallen zu vermeiden. Wir befinden uns hier im gewerblichen Bereich. Eine Pflicht dazu gibt es nicht.“

ChatGPT: „In der bAV bestehen Haftungsrisiken.“

Wenn ChatGPT auf die Haftungsrisiken in der betrieblichen Altersvorsorge hinweist, liegt das Sprachmodell richtig. „Arbeitgeber müssen auf die Begrenzung der Haftung in ihrem Unternehmen achten. Dazu gehören Überlegungen zu der Wahl des Durchführungsweges, der Gestaltung der bAV, der Förderung der bAV und der Beachtung verschiedener Gesetze, zum Beispiel des BetrAVG, des BRSG, des Steuergesetzes oder Sozialversicherungsgesetzes. Es gibt eine Menge an Dingen, die Arbeitgeber falsch machen können. Ein professioneller Berater kann Arbeitgeber dabei unterstützen“, weiß der Experte.

Versorgungsordnung, Kommunikation und Employer Branding: Diese Hinweise fehlen ChatGPT

Neben einigen Trugschlüssen von ChatGPT gibt es auch Punkte in der bAV, auf die die Künstliche Intelligenz gar keine Hinweise liefert. Was gehört dazu, wenn Arbeitgeber nach Handlungsempfehlungen zur betrieblichen Altersvorsorge fragen? „Es fehlt zum Beispiel ein Hinweis auf die Versorgungsordnung. Das ist eine Regelung, die den rechtlichen Rahmen in der bAV setzt, von den Arbeitgebern an ihre Beschäftigten. Aus meiner Sicht wäre im Rahmen der Haftungsbegrenzung ein Hinweis der KI auf die Versorgungsordnung wertvoll gewesen.“

Ein wichtiger und spannender Punkt, mit dem sich jedes Unternehmen auseinandersetzen muss, worauf ChatGPT aber nicht hinweist: die Kommunikation der betrieblichen Altersvorsorge. „Das schönste Benefit-System oder Betriebsrenten-System hat keinen Nutzen, wenn Arbeitgeber folgende Gedanken nicht berücksichtigen: Was ist mein Ziel? Was ist das Besondere an meinem Versorgungssystem und wie bringe ich es zu meinen Beschäftigten?“

Das Wichtigste an der Betriebsrente, neben den genannten Punkten, ist die Herausbildung einer Arbeitgebermarke durch die Nutzung von Benefit-Systemen. „Arbeitgeber sollten Benefits und Vorsorgemodelle schaffen, die unterstreichen, wofür sie mit ihrer Vision, ihren Werten und ihrer Mission stehen. Worauf möchten Unternehmen abzielen? Auf soziale Verantwortung? Haben sie ein Bildungs-Interesse oder ein Recruiting-Thema? Das muss sich in den Benefits wiederfinden. Auch hier hätte ich erwartet, dass ChatGPT darauf hinweist.“

ChatGPT und komplexe Themen: Top oder Flop?

Im Vorfeld unseres Tests stand die spannende Frage im Raum, ob der Chatbot des US-amerikanischen Unternehmens OpenAI, ChatGPT, auch für komplexe Fragen tauglich ist. Was kann die KI schon und was kann sie Stand heute noch nicht? Unser Fazit: An manchen Stellen scheint das Internet ChatGPT bereits mit Informationen zu versorgen. „An anderen Stellen ist der Informationsstatus unserer Branche falsch. Mit der Zeit wird sich aber auch hier einiges verändern, was wir im Auge behalten und für uns nutzbar machen müssen. Zum jetzigen Zeitpunkt sind so komplexe Themen wie betriebliche Benefits oder Betriebsrente noch nicht im Lösungskatalog der KI enthalten. Wir benötigen weiterhin eine Kommunikation von Mensch zu Mensch, um gute Lösungen zu schaffen.“

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Stephan Seidenfad

Geschäftsführer und Gründer Experte für die Themengebiete: bAV, Recht & Steuern, kAV, Digitale Lösungen und Absicherung

Stephan Seidenfad | von Buddenbrock

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