Bequemlichkeit kann teuer werden. Das kann auch auf die betriebliche Altersvorsorge (bAV) zutreffen. Vor allem dann, wenn ein Arbeitgeber wahllos jeden bestehenden bAV-Vertrag von neuen Arbeitnehmern übernimmt. Welche Möglichkeiten ein Arbeitgeber beim Jobwechsel hat und weshalb es teuer werden kann, jeden bAV-Vertrag zu übernehmen, lesen Sie hier.
bAV-Vertrag: Verwaltungschaos durch wahllose Übernahme
Kommt ein neuer Arbeitgeber mit einem bestehenden bAV-Vertrag ins Unternehmen, ist das Dilemma perfekt. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber verschiedene Möglichkeiten. Er kann in den bestehenden Vertrag einsteigen, das mitgebrachte Kapital in sein eigenes Versorgungssystem übertragen oder mit dem Arbeitnehmer einen neuen bAV-Vertrag abschließen. Alternativ kann der Arbeitnehmer bei vielen Durchführungswegen die Betriebsrente auch privat weiterführen oder die Beiträge auf ruhend stellen.
„Eigentlich möchten Arbeitgeber ihr Versorgungswerk nicht mit anderen Anbietern und Tarifen verwässern. Andererseits möchten sie auch nicht mit einem neuen Arbeitnehmer diskutieren. Der häufigste Fall, auf den wir treffen: sie nehmen das, was kommt“, sagt Stephan Seidenfad, bAV-Experte und Geschäftsführer der von Buddenbrock Unternehmensgruppe. Das Ergebnis einer solchen Handhabe ist ein buntes Potpourri an Versicherungen, Durchführungswegen und Tarifen. Vor allem die Zuständigen der HR-Abteilung leiden so unter einem vermehrten Verwaltungsaufwand. „Kommen dann noch Gesetzesänderungen hinzu, versinken die Mitarbeiter der Personalabteilung im Chaos. Ich kenne kaum eine Buchhaltung oder Personalabteilung, die dieses Thema nicht als fürchterlich empfindet.“
Durch die Übernahme von bAV-Verträgen können Haftungsrisiken entstehen
Ein viel größeres Problem ist die potenzielle Haftung, die sich ein Arbeitgeber dadurch ins Unternehmen holt. „Was soll das mittelständische Unternehmen einem neuen Arbeitnehmer, der 15 Jahre in der Großindustrie beschäftigt war, empfehlen? Womöglich hat der Arbeitnehmer durch die Beschäftigung in dem Großunternehmen einen Vertrag mit einem Kollektivrabatt und einem Garantiezins. Das ist ein Unterschied, denn heute gibt es keine Garantiezinsen mehr, sondern in der Regel 80 oder 90 Prozent Beitragsgarantie oder keine Garantie. Das Produkt wird wahrscheinlich eine Blackbox sein. Vielleicht liegt das Geld sogar nur im Deckungsstock.“
Mit Übernahme des Vertrags befinden wir uns wieder bei einem Verwaltungs-Problem. Denn, vielen Arbeitgebern ist nicht bewusst, was sie übernehmen. „Was wurde versprochen? Was ist Teil des Vertrags? Ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung enthalten? Welche Art von Garantie wird abgebildet? So ein Vertrag beinhaltet viele Rahmenbedingungen. Diese können schnell zum Ärgernis werden“, weiß der Experte.
Der Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf Portabilität der bAV, also auf die Übertragung des vorhandenen Vermögens in ein anderes Versorgungswerk, ist in § 4 Abs. 3 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) geregelt. Demnach dürfen unverfallbare Anwartschaften und laufende Leistungen nur unter den Voraussetzungen der folgenden Absätze übertragen werden (Quelle). „Anderenfalls ist es möglich, dass der Arbeitnehmer durch das Eingreifen des Arbeitgebers schlechter dasteht als vorher.“
Fazit: bAV-Vertrag übernehmen?
In Hinblick auf die Frage, wie der Arbeitgeber mit bestehenden bAV-Verträgen umgehen soll, gibt es keine universelle Lösung. „Es kann sinnvoll sein, den Vertrag zu übernehmen. Es kann sinnvoll sein, dass der Arbeitnehmer seine Betriebsrente privat weiterführt. Es kann aber auch sinnvoll sein, das Kapital in das Versorgungswerk zu übertragen. In Einzelfällen kann es sogar sinnvoll sein, einen Vertrag zu übernehmen – vor allem, wenn das Unternehmen eine digitale bAV- oder Benefit-Verwaltung aufgebaut hat.“
Im besten Fall liegt die Entscheidung nicht beim Arbeitgeber. Arbeitgeber, die nicht von Haftung, Kosten und einem erhöhten Verwaltungsaufwand überrascht werden wollen, sollten sich zur Unterstützung an einen Profi wenden. Dieser kann schauen, was mit dem Vertrag passieren soll und das Prozedere an die Mitarbeiter kommunizieren. „Halten sich Arbeitgeber daran, bleibt ihr Versorgungswerk haftungsminimiert und verwaltungsarm. Und vor allem geraten sie nicht in die Schusslinie.“
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